Mental Health & Yoga
- Rebecca Mischke
- 21. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Wie Yin Yoga und Yoga Nidra dein Nervensystem beruhigen
In unserer schnellen, digitalisierten Welt steigt der Druck täglich: Arbeitszeit wird zur Multitasking-Herausforderung, Schlaf ist oft Mangelware und die psychische Belastung in der Gesellschaft nimmt zu. Studien zeigen, dass Angststörungen weltweit die häufigste psychische Erkrankung sind. Permanente Reizüberflutung aktiviert dauerhaft unser sympathisches Nervensystem („Fight or Flight“) – das Herz rast, der Atem flach, der Geist bleibt in Alarmbereitschaft.


Doch unser Körper kennt auch den Parasympathikus – den „Rest & Digest“-Modus. Genau hier setzen Yin Yoga und Yoga Nidra an – sanfte Interventionen gegen den Stress. Forschungen zeigen:
Yin Yoga reduziert Aktivität in der Amygdala (Angstzentrum) und stärkt Strukturen wie den präfrontalen Cortex, der Emotionen reguliert. Eine 2017er YOMI-Studie fand signifikante Reduktionen bei akuter und genereller Angst nach Yin Yoga.
Yoga Nidra aktiviert parasympathische Prozesse – senkt Blutdruck, verbessert Herzraten-Variabilität und wirkt stimmungsaufhellend. Yogische Tiefenentspannung steigert Dopamin-Freisetzung im Gehirn und verbessert den zerebralen Blutfluss. Auch reduzierte Cortisol-Werte und verbesserte Schlafqualität wurden durch Yoga Nidra nachgewiesen.
"Yoga lehrt uns, das, was wir nicht verändern können, zu akzeptieren – und das, was wir verändern können, liebevoll in Bewegung zu bringen." – B.K.S. Iyengar
Fazit: Yin Yoga & Yoga Nidra schalten bewusst den Parasympathikus an - du gibst Startimpulse für Regeneration, emotionale Ausgewogenheit und mentale Klarheit. Genau das, was das moderne Nervensystem braucht.
Warum Yin Yoga und Yoga Nidra?
Wenn du schon mal Hatha, Vinyasa oder Ashtanga Yoga gemacht hast, kennst du dieses Gefühl von Flow, Fokus und Kraft. Das ist fantastisch - wenn du Energie brauchst. Doch manchmal brauchen wir kein "mehr", sondern ein "weniger". Und genau da setzen Yin Yoga und Yoga Nidra an:
Yin Yoga ist der Lieblingssessel unter den Yogastilen: langsam, passiv, tiefenwirksam. Inspiriert durch die chinesische Meridianlehre zielt Yin Yoga auf das energetische Gleichgewicht ab. Die Positionen werden lange gehalten, sodass sich tiefe Schichten des Fasziengewebes lösen können – das wirkt wie ein innerer Reset. Auch Iyengar, der große Meister des präzisen Übens, erkannte die Kraft der ruhigen Praxis. In seinem Ansatz wurden Hilfsmittel genutzt, um Posen ohne Anstrengung lange zu halten – eine Philosophie, die Yin Yoga tief beeinflusst hat.
Yoga Nidra ist der "Yogi-Schlaf": eine geführte Meditation im Liegen, die dich in einen Zustand zwischen Wachen und Schlafen führt. Wissenschaftlich belegt ist, dass Yoga Nidra das autonome Nervensystem beeinflusst – besonders den Parasympathikus, unseren Ruhe-Nerv. So kann der Körper regenerieren und der Geist sich neu ordnen. Schon 20 Minuten Yoga Nidra können so erholsam sein wie mehrere Stunden Schlaf.
Übungs-Idee: Dein Mini-Retreat für innere Ruhe (ca. 20–25 Min)
1. Erdung & Atemzugang
Sukhasana (bequemer Sitz): Spüre deine Sitzbeinhöcker, verlängere sanft die Wirbelsäule, atme ruhig durch die Nase ein und aus. Optional: Hände auf Bauch oder Herz legen.
Balasana (Kindhaltung): Stirn auf einem Block oder Kissen abgelegt, die Knie weit geöffnet. Der Atem darf in den Rückenraum fließen – das beruhigt und bringt dich in Kontakt mit deiner inneren Mitte.
Sphinx Pose: Lege dich auf den Bauch, stütze dich auf deine Unterarme. Die Ellbogen stehen unter den Schultern, das Brustbein hebt sich sanft. Diese Haltung öffnet den Herzraum und aktiviert sanft die Rückenmuskulatur – eine wohltuende Rückbeuge ohne Anstrengung.
Apanasana (liegend, Knie zur Brust): Eine der grundlegenden "Entlastungshaltungen" – fördert die Verdauung, löst Verspannungen im unteren Rücken. Besonders wohltuend bei Reizdarm oder PMS.
2. Yin Yoga Haltungen (je 2–3 Min, sanfter Ausstieg)
Supta Baddha Konasana (Rückenlage, Fußsohlen zusammen): Unterstütze die Knie mit Blöcken oder Kissen. In Iyengar-Kreisen wird oft zusätzlich ein Bolster unter die Wirbelsäule gelegt – das fördert die Herzöffnung und vertieft den Atemraum.
Banana Pose (liegende Seitdehnung): Wandere mit Beinen und Armen gemeinsam in eine C-Form. Diese Haltung öffnet die Faszien der Flanken, Leber- und Gallenblasenmeridiane werden stimuliert.
Apanasana (erneut, zur Mitte holen): Zwischen zwei Haltungen kannst du Apanasana nutzen, um den Rücken neutralisieren.
Reclined Twist (liegender Twist): Wichtig ist hier, den Twist aus der Brustwirbelsäule zuzulassen. Verwende Kissen unter den Knien, um die Drehung sanft zu halten. Der Twist wirkt beruhigend auf das enterische Nervensystem („Bauchhirn“).
Viparita Karani (Beine an der Wand, mit Kissen unter dem Becken): Iyengar nannte diese Haltung eine der regenerativsten im Yoga. Der Blutfluss zum Herz wird erleichtert, der Lymphfluss unterstützt. Auch bei Schlafstörungen oder Migräne empfehlenswert.
💡 Warum eine Decke oder ein Bolster unter dem Becken?
Ein leicht erhöhtes Becken fördert den Rückfluss des venösen Blutes Richtung Herz, was besonders bei müden Beinen oder nach langem Sitzen wohltuend ist. Gleichzeitig unterstützt die Erhöhung die natürliche Kurve der Lendenwirbelsäule und bringt das Becken in eine angenehme Kippung. Das hilft, Verspannungen zu lösen und das Nervensystem zu beruhigen. Zudem ermöglicht die passive Haltung mit Unterstützung ein längeres, entspannteres Verweilen – ganz im Sinne des Yin-Prinzips.
3. Yoga Nidra (ca. 7 Min)
Body Scan: Beginne bei den Zehen, gehe achtsam durch den Körper. Iyengar sprach oft davon, jede Körperzelle durch Aufmerksamkeit zu "erwecken" – hier kehrt sich das Prinzip um: Aufmerksamkeit beruhigt und löst.
Visualisierung: Stelle dir einen vertrauten, friedlichen Ort vor. Vielleicht eine Lichtung, eine Meeresküste oder wo auch immer dein sicherer Raum ist.
Affirmation: "Ich bin sicher. Ich bin ruhig. Ich bin in Balance."
Zurückholen: Erst den Atem vertiefen, dann kleine Bewegungen hinzufügen – Finger, Zehen, Kopf drehen.
Ausführung & Anpassungen bei Beschwerden
Supta Baddha Konasana: Kissen unter Knie; Decke unter die Lendenwirbelsäule; bei Venenproblemen leicht erhöht liegen.
Banana Pose: Knie beugen bei Ischias; Arme weniger weit über Kopf bringen bei Schulterbeschwerden.
Reclined Twist: Ein Bein ausgestreckt bei Bandscheibenthemen; ein Kissen zwischen die Knie zur Entlastung.
Viparita Karani: Beine auf Stuhl bei Knieproblemen; bei niedrigem Blutdruck nur leicht erhöht liegen, kein Kissen unter das Becken.
Fazit
Manchmal brauchen wir kein Power-Workout, sondern einen Safe Space. Yin Yoga und Yoga Nidra bieten genau das: bewusste Stille, in der Heilung passieren darf. Und wie B.K.S. Iyengar sagte: "Health is a state of complete harmony of the body, mind and spirit."
Probiere es aus – für dich, dein Nervensystem und deine mentale Gesundheit.
Happy International Yoga Day ✨
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